Geht es um Steppengebiete, hat man die unendlich weiten asiatischen Landschaften vor Augen – was ist an den kleinen inneralpinen Trockenrasengebieten so spannend?
Thomas Wilhalm: Im Prinzip hat man immer schon gewusst, dass die inneralpinen Trockenrasen kleine Vegetationsinseln inmitten einer ansonsten ganz anders gestalteten Landschaft sind: Da sind Gletscher, Nadelwälder, Auwald am Talboden und plötzlich – lokal begrenzt – verhagerte steppenartige Hänge. Nach der Eiszeit hat es Korridore gegeben, wo die Steppenpflanzen eingewandert sind. Sie haben sich bis zum heutigen Tag gehalten, weil das Mikroklima äußerst trocken ist und weil der Mensch durch Beweidung durch zusätzliche Standorte geschaffen hat. Botanikerinnen und Botaniker bemerkten schon vor 200 Jahren, dass hier Arten vorkommen, die erst wieder in der ungarischen Steppe, in Sibirien und am Schwarzen Meer beheimatet sind. Als im 20. Jahrhundert der Naturschutz an Bedeutung gewann, hat man die große naturkundliche Bedeutung dieser „Steppeninseln“ in den Alpen erkannt.